08.07.2022
Hier gehe ich einmal darauf ein, wie Schmerzverarbeitung im Gehirn funktioniert.
Dabei kommt es mir gar nicht auf die Details an, sondern ich möchte den grundlegenden Aufbau des Gehirns erklären.
Vielleicht ist es dir ja auch schon einmal passiert, dass du dich versprochen hast.
In den Nachrichten sagt ein Sprecher vielleicht "Schaulästige" statt Schaulustige.
Manchmal misslingen einem Bewegungen, die man schon 100.000-mal durchgeführt hat und man stolpert oder lässt etwas fallen.
Es ist auch bekannt, dass Schreinermeister sich viel eher einmal den Finger absägen, als ihre Lehrlinge.
All dies sind Beispiele dafür, dass unser Gehirn, so genial es auch ist, eben nicht perfekt ist und gelegentlich dann doch Fehler produziert.
Gott sei Dank möchte man hinzufügen, denn schließlich sind wir keine Maschinen.
Wenn gesagt, wird, dass Schmerz eine Illusion ist, bekommt vermutlich der eine oder andere Schmerzpatient Schnappatmung.
Und zwar zu Recht.
Damit ist allerdings nicht gemeint, dass die Schmerzen nicht real sind, sondern dass Schmerzen, wie jede andere Wahrnehmung auch, eine
Interpretationsleistung, man könnte auch sagen eine Informationsverarbeitungsleistung ist.
Der passendere Ausdruck ist vielleicht Konstruktion.
Du musst dir vorstellen, dass sich dein Gehirn in einer Box befindet. Es hat keinen direkten Zugang zur Außenwelt oder zur Welt innerhalb der Haut, also etwa zu Organen, Muskeln oder Sehnen.
Alle Informationen, die das Hirn hat, bekommt es über Nervenbahnen.
Stelle dir eine Information einer Nervenbahn einmal vor, wie einen Lichtpunkt, der aufleuchtet, wenn etwas an einem bestimmten Punkt im Körper oder außerhalb davon passiert. Dabei können auch mehrere Punkte gleichzeitig aufleuchten.
Auch der Ort des Aufleuchtens beinhaltet eine Information. Leuchtet ein Punkt etwa oben rechts, dann hat eine Nervenbahn im Auge, wie man so schön sagt, gefeuert.
Leuchten Punkte oben links auf, handelt es sich um Rezeptoren in der Haut.
Wenn mehrere Punkte gleichzeitig leuchten, dann ergeben sich spezifische Muster für bestimmte Ereignisse in bestimmten Körperregionen.
Um das ein wenig anschaulicher zu machen, stellen wir uns jetzt einmal vor wir wären auf einem Ozeandampfer.
Von mir aus die Titanic.
Wir sind in einem stockfinsteren Raum und unsere einzige Informationsquelle ist eine schwarze Leinwand, auf der gelegentlich Punkte aufleuchten. Wir wissen, dass ein bestimmtes Muster in Form eines Kreises einen Eisberg anzeigt.
Wenn wir jetzt also das Muster sehen, melden wir an den Steuermann "Eisberg voraus, hart Steuerbord".
Jetzt stellen wir uns einmal vor, wir sind unter Stress. Nun sehen wir wieder unser Eisberg-Muster. Es ist aber nicht exakt das Eisberg-Muster. Um aber auf keinen Fall einen Fehler zu machen, melden wir an den Steuermann: "Öhm, Eisberg voraus, hart Steuerbord".
Weil das so gut funktioniert hat und wir nicht mit einem Eisberg zusammen gestoßen sind, merken wir uns, dass wir bei diesem ähnlichen Muster wieder eine Eisberg-Warnung ausgeben. Je häufiger wir das machen, desto sicherer sind wir, alles richtig gemacht zu haben.
Das gleiche Verfahren wenden wir jetzt auch bei anderen ähnlichen Mustern an. Irgendwann werden sich die Jungs am Steuer des Dampfers die Frage stellen, warum eigentlich in letzter Zeit so viele Eisberge auf dem Meer sind.